Von dieser Zusammenkunft sollte eigentlich niemand erfahren: AfD-Politiker, Neonazis und Unternehmer. Sie planten nichts Geringeres als die Vertreibung von Millionen.

Anette Dowideit

stellvertretende Chefredakteurin

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Es kann gut sein, dass Sie es heute schon mitbekommen haben: Wir bei CORRECTIV haben heute eine unserer bisher relevantesten Recherchen veröffentlicht: Geheimplan gegen Deutschland. Es geht um ein Vernetzungstreffen zwischen teils hochrangigen AfD-Politikern, Neonazis und finanzstarken Unternehmern. Und um einen „Masterplan“. Die meisten Medien in Deutschland haben das Thema aufgegriffen. Denn unsere Recherche könnte eine Rolle in der Diskussion um ein AfD-Verbotsverfahren spielen.
  

Viel Spaß beim Lesen, und schreiben Sie mir gern:
anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des TagesDas Geheimtreffen vom Lehnitzsee

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Faktencheck: Video von Waffe gegen Landwirt nicht aus Deutschland 

Gute Sache(n): Erklärt: KI und soziale Ungleichheit • Wahlplakate recyceln • Klima-Hymne

CORRECTIV-Werkbank: Zu wenig Erfolge gegen Fakenews

Grafik des Tages: Wärmepumpen für Wohngebäude geeignet? 

Gemeinsam aufgedeckt: Arm und reich immer mehr getrennt

Thema des Tages

Von dieser Zusammenkunft sollte eigentlich niemand erfahren: Am 25. November vergangenen Jahres trafen sich in einem Hotel nahe Potsdam teils hochrangige AfD-Politiker – darunter eine Bundestagsabgeordnete, ein Landes-Fraktionsvorsitzender und Roland Hartwig, die rechte Hand von Alice Weidel, mit Neonazis und finanzstarken Unternehmern. Doch CORRECTIV bekam eine Einladung zugespielt. Unterschrieben unter anderen vom Unternehmer Hans-Christian Limmer, der die Bäckereikette „Backwerk“ gründete und der heute unter anderem in die Burgerkette „Hans im Glück“ investiert hat. Wenn Sie die Recherche lieber hören als lesen möchten, das geht über einen Link hier im Text.

Was bei dem Treffen besprochen wurde:

Kernthema war der – dort so benannte – „Masterplan“: Neonazi Sellner referierte, man müsse gemeinsam dafür sorgen, dass es für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in Deutschland unbequem werde. Und zwar explizit nicht nur für Asylbewerber, sondern auch für deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund. Niemand bei der Zusammenkunft widersprach. Im Gegenteil.

AfD-Mann Hartwig brüstete sich unseren Recherchen zufolge damit, für den Bundesvorstand der Partei zu sprechen und den Veranstaltern des Treffens Geld der AfD verschaffen zu können. Wofür genau, ist nicht ganz klar. Hartwig und die AfD beantworteten unsere Fragen nicht.

Welche Bedeutung das hat:

Was der „Masterplan“ vorsieht, ist klar verfassungsfeindlich. Es steht auch dem deutlich entgegen, was die AfD offiziell in ihrem Parteiprogramm stehen hat: dass sie die Staatsbürgerschaft von Menschen mit Migrationshintergrund anerkenne. Der CDU-Politiker Marco Wanderwitz, der gerade im Bundestag eine Mehrheit für ein AfD-Verbotsverfahren herstellen will, sagte uns: Die AfD und ihre „Spießgesellen“ verfolgten „leider konsequent verfassungsfeindliche Ziele“.

Auch andere Reaktionen kamen schnell: Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter sagte, ein etwaiges Verbotsverfahren müsse „rasch geprüft“ werden, und der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz sprach von „menschenverachtenden Plänen“ bei dem Treffen.

Die Restaurantkette „Hans im Glück“ sah sich ebenfalls zu einer Reaktion gezwungen. Sie trennte sich von ihrem Gesellschafter Hans-Christian Limmer. Limmer hatte zu dem Treffen eingeladen, war aber selbst nicht anwesend.
    

Was die AfD dazu sagt:

Nachdem der Bundesvorstand erst einmal gar nicht auf unsere Fragen reagiert hatte, sondern uns lediglich der AfD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Siegmund aus Sachsen-Anhalt über einen Anwalt schreiben ließ, er erinnere sich anders an die Aussagen beim Treffen (die wir aber aus unseren Quellen sehr genau kennen), versuchte die AfD heute bei Facebook, der entstandenen öffentlichen Debatte einen anderen Dreh zu geben. Remigration ja, schreiben sie dort – aber nur kriminellen Migranten solle der Pass entzogen werden. Genau das wurde aber unserer Recherche zufolge bei der Zusammenkunft anders beschrieben. Die dortigen Pläne würden Millionen von Menschen betreffen.

Wir berichten natürlich weiter zu dem Thema, bleiben Sie dran.


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Der Tag auf einen Blick

Das Wichtigste aus Nachrichten, Lokalberichten und Investigativrecherchen

Polen: PiS-Abgeordnete im Präsidentenpalast verhaftet

In Warschau sind zwei wegen Amtsmissbrauchs verurteilte Ex-Regierungsmitglieder der kürzlich abgewählten PiS-Partei verhaftet worden. Sie hatten bei Präsident Duda Zuflucht gefunden.

zdf.de

GDL-Chef droht mit weiteren Bahnstreiks

Seit heute Morgen läuft der aktuelle Bahnstreik. Dabei soll es nicht bleiben: Der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) droht mit weiteren Streiks, sollte bis Freitag kein Angebot von der Deutschen Bahn vorliegen.

tagesschau.de

Wie Freiwillige für die Mecklenburg-Pommersche Schmalspurbahn schuften

Ab Ostern soll in Mecklenburg-Vorpommern die sogenannte Schmalspurbahn wieder die komplette Strecke fahren können. Dafür arbeiten Vereinsmitglieder jetzt im Winter hart.

nordkurier.de

Wer die Blockaden gegen Robert Habeck organisiert hat

Vergangene Woche empfingen Hunderte Demonstranten Robert Habeck an einem Fähranleger. Eine Recherche von Zeit Online zeigt jetzt: Am Anfang der Proteste standen offenbar radikal rechte Kräfte.

zeit.de

Faktencheck

In Deutschland sorgt der Protest von Landwirtinnen und Landwirten aktuell für viel Aufmerksamkeit. Ein Tiktok-Nutzer verbreitet dazu ein Foto von einem Polizisten, der seine Waffe gegen einen Landwirt richtet. Doch das geschah schon 2022 in den Niederlanden.

CORRECTIV.Faktencheck

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Gute Sache(n)

Endlich verständlich

Künstliche Intelligenz ist derzeit ein Topthema. Aber große Konzerne wie Google, Facebook und Spotify sind bereits seit Jahrzehnten daran, diese Technologien zu entwickeln – und für ihr Gewinnstreben zu nutzen. Was genau hinter ihren Algorithmen abläuft und warum das soziale Ungleichheit fördert, erklärt der Professor für KI und Ethik Rainer Mühlhoff in diesem Vortrag.
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media.ccc.de ​ 
 

So geht’s auch

Politiker als Flaschen: Wahlplakate aus Plastik haben nur ein kurzes Leben. Die Schweizer Recycling-Firma Inno-Group schreddert sie deshalb, damit sie als Flasche oder Verpackung noch einen Zweck erfüllen.

srf.ch

 

Fundstück

Musik und politische Proteste gehören zusammen: Tausende Menschen gehen für eine Sache auf die Straße, protestieren und singen gemeinsam - über ihre Wünsche und Hoffnungen. Wo ist aber der Soundtrack zur Klimabewegung? Das hat Salon5-Reporterin Aylin den Musikjournalisten Jan Kawelke gefragt. Warum eine Hymne für die Klimabewegung unverzichtbar ist, sehen Sie hier.
   

 

CORRECTIV Werkbank

Uschi Jonas

Leiterin CORRECTIV.Faktencheck

Social-Media-Konzerne befeuern die Reichweite von Falschmeldungen massiv und damit eines der größten Probleme unserer digitalen Gesellschaft. Die Gegenmaßnahmen der großen Plattformen reichen nicht aus, wie ein aktueller Bericht erneut verdeutlicht.  

So gibt es einen freiwilligen Verhaltenskodex (Code of Practice on Disinformation), über den sich Plattformen wie Meta, Google, Tiktok oder Microsoft unter anderem dazu verpflichten, mit Faktencheck-Organisationen in allen Ländern der EU zusammenzuarbeiten. Seit November 2022 ist zudem der Digital Services Act (DSA) in Kraft; er soll EU-weit die Grundrechte aller digitalen Nutzer schützen. 

Regelmäßig analysiert das European Fact-Checking Standards Network (EFCSN), zu dem auch CORRECTIV gehört, inwiefern die Konzerne ihren Verpflichtungen nachkommen. Die aktuellen Ergebnisse sind ernüchternd: Tiktok arbeitet zum Beispiel nur in 8 von 27 EU-Mitgliedsstaaten mit lokalen Faktencheck-Redaktionen zusammen. Youtube listet als Faktencheck-Partner Organisationen auf, die in Myanmar, Indonesien oder Brasilien sitzen und über Bing lassen sich kaum Faktenchecks finden.

Die Ergebnisse erfüllen mich mit Sorge – vor allem im Superwahljahr 2024. Desinformation bedroht die Unabhängigkeit von Wahlen und Wahlentscheidungen. Es wird Zeit, dass die großen Social-Media-Konzerne diese Gefahr endlich ernstnehmen:

efcsn.com ​ 

Grafik des Tages

Das Heizgesetz gehörte zu den Aufregerthemen des letzten Jahres. Dabei kursierten viele Falschbehauptungen. Zum Beispiel, dass Wärmepumpen überhaupt nicht für Bestandsgebäude geeignet seien. Der Energiedienstleister Techem widerlegt das in seiner Analyse.       
techem.de ​ 

Gemeinsam aufgedeckt

Till Eckert

Investigativreporter

Die Jagd auf brauchbare Antworten von den Kultusministerinnen und -ministern läuft weiter. Heute möchte ich Ihnen nur eine aktuelle Datenanalyse des Tagesspiegels empfehlen, die zu unserem Thema passt. 

Es geht darum, dass Berlin sozial an sich zwar immer durchmischter wird, aber an den Grundschulen in der Hauptstadt arme und reiche Kinder immer stärker getrennt werden. Die sogenannte soziale Segregation ist von 2010 bis 2020 stark gestiegen.

Das könnte laut der Analyse unter anderem daran liegen, dass Eltern die Schulen für ihre Kinder nach der sozialen Zusammensetzung auswählen – und je nachdem einen Umschulungsantrag stellt, im Zweifelsfall klagt oder direkt eine Privatschule wählt. Diese nämlich können Kinder aus dem gesamten Stadtgebiet aufnehmen. Das hat negative Folgen für das gesamte Bildungssystem. 


  
Ich bin immer unter till.eckert@correctiv.org für Sie zu erreichen. Für sensible und vertrauliche Informationen laden Sie sich doch bitte die kostenlose App „Signal“ herunter und melden sich dort unter der +49 151 58358190 bei mir.

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